Wiesen- und Auwaldstechmücken

Als Wiesen- und Auwaldstechmücken werden Arten der Gattung Aedes bezeichnet, die sich im Sommer in den temporären, nach Überschwemmungen oder Starkregenereignissen nur langsam trockenfallenden Gewässern im Bereich der Auen von Flüssen und Bächen entwickeln.

Auwald Icon.

Die Weibchen der ökologischen Gruppe der Wiesen- und Auwaldstechmücken legen ihre Eier ungefähr fünf Tage nach einer Blutmahlzeit einzeln in den feuchten Boden am Rande von noch bestehenden oder direkt innerhalb schon ausgetrockneter Brutstätten ab. Hier können die Eier bis zur nächsten Überflutung der Brutstätte teilweise mehrere Jahre im trockenen Boden überdauern, ohne an Lebensfähigkeit einzubüßen. Die Brutstätten befinden sich im Überschwemmungsbereich von Bächen, Flüssen und Seen an Stellen, die nach einem Hochwasser bei fallendem Wasserstand nur langsam trocken fallen und in der Regel nur ein bis zwei Wochen nach einer Überflutung Wasser führen. Es sind im Allgemeinen tiefliegende Wiesen, Schilfgebiete sowie flache Senken im Bereich der Weichholzaue.

Die Wahl der Brutstätte

Die Weibchen dieser ökologischen Stechmückengruppe besitzen die Fähigkeit, für ihre Eiablage exakt diese nur kurzzeitig, jedoch für ihre Larvenentwicklung ausreichend lang, überschwemmten Zonen im Bereich der Auen zu finden, welche aber aufgrund der nur kurzeitigen Wasserführung im Grunde lebensfeindlich für vielen anderen Organismen sind. So vermeiden die Weibchen mit der Wahl der richtigen Eiablagehöhe im Auenbereich einerseits die Gefahr eines zu frühen Trockenfallens der Brutstätten vor Abschluss der Larvenentwicklung und andererseits die Gefahr, dass aquatische Fressfeinde die Larvenbrut fressen.

Für die Auswahl des Eiablageortes orientieren sich die Weibchen der Wiesen- und Auwaldstechmücken zum einen am Feuchtigkeitsgrad des Bodens, zum anderen können sie offensichtlich auch die Qualität des Bodens registrieren. Dazu besitzen sie an ihren Füßen Sinneshärchen, mit denen sie z. B. zwischen „Ackerboden“, der für die Eiablage ungünstig ist und häufig einen hohen Humusanteil besitzt und dem meist tonigen Schlickboden im Überschwemmungsgebiet als Eiablagegebiet unterscheiden. Es wird auch vermutet, dass die Weibchen bestimmte Pflanzengruppen als Indikatoren für einen bestimmten Überflutungsgrad erkennen sowie die Geruchsstoffe der Eier ihrer eigenen Art riechen können. Dort, wo bereits massenhaft Aedes-Eier einer Art liegen, ist das Risiko für das Weibchen geringer, einen falschen Ort mit Eier zu belegen.

 

Anpassung an speziellen Lebensraum

Eine weitere Anpassung an den extremen Lebensraum der Wiesen- und Auwaldstechmücken stellt das Schlüpfverhalten dar. Nach abgeschlossener Embryonalentwicklung und einer Wassertemperatur von mindestens 10 °C, schlüpfen die Larven erst, wenn das Überschwemmungswasser nicht mehr fließt, da bei fließendem Wasser die Gefahr des Verdriftens für die frisch geschlüpften Larven gegeben ist. Außerdem ist dann der Wasserkörper im Allgemeinen noch so tief und eine Verbindung zu angrenzenden Dauergewässern vorhanden, dass Fische als Fressfeinde in die Brutstätte einwandern könnten. Sobald das Hochwasser jedoch zurückgeht und die Flut zum Stillstand kommt, erwärmt es sich. Die Mikroorganismen im Wasserkörper und am Gewässerboden reduzieren bei steigender Wassertemperatur schnell den Sauerstoffgehalt im Wasser, wodurch die Larven in den Eiern erkennen, dass der richtige Zeitpunkt zum Schlüpfen gekommen ist. In dieser Phase des Hochwassers ist der Wasserkörper ausreichend warm, um eine schnelle Entwicklung der Larven zum Fluginsekt zu ermöglichen.

Die Eier der Wiesen- und Auwaldstechmücken besitzen als Anpassung an den ephemeren (bedeutet kurzlebigen, vergänglichen) Lebensraum der Überschwemmungsgewässer eine sehr lange Überlebensfähigkeit von mindestens drei Jahren. Selbst nach einigen hochwasserlosen und damit mückenfreien Jahren kann es nach Überflutungen zu einer Massenvermehrung kommen. Als weitere spezielle Anpassung an ihren Lebensraum tritt bei den Überschwemmungsstechmücken der „Schlupf auf Raten“ auf. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Lagerungsdauer und Entwicklungsbedingungen schlüpfen nach einer Überflutung niemals alle Eier einer Brutstätte gleichzeitig. Dadurch verbleiben selbst bei einem vorzeitigen Trockenfallen der Brutstätten genügend Embryonen in den Eiern, um bei einem nachfolgenden Hochwasser noch auszuschlüpfen und so für den Erhalt der Population zu sorgen.

 

Starkes Belästigungspotential

Wiesen- und Auwaldstechmücken sind multivoltine Stechmückenarten: pro Jahr können, in Abhängigkeit von der Anzahl der sommerlichen Hochwasserereignisse,  mehrere Generationen hervorgebracht und dadurch hohe Populationsdichten ausgebildet werden. Aufgrund solcher Massenvermehrungen, einem starken Wandertrieb sowie einer ausgeprägte Stechlust können viele Arten aus der ökologischen Gruppe der Wiesen- und Auwaldstechmücken zu starker, plageartiger Belästigung des Menschen führen.

Stechmückenarten die in Auen von Flüssen und Bächen brüten