Culex pipiens pipiens sitzt auf einer Kellerwand.

Culex pipiens

Wissenschaftliche Synonyme : Culex bifurcatus, Culex fasciatus
Umgangssprachliche Artnamen :
Gemeine Stechmücke
Nördliche Hausmücke
  • Familie Culicidae
  • Unterfamilie Culicinae
  • Tribus Culicini
  • Gattung Culex
  • Untergattung Culex
  • Art Culex pipiens

Erscheinungsbild

Ausgewachsene Stechmücke

Culex pipiens ist eine kleine bis mittelgroße, zierliche Stechmückenart mit gelblich-brauner bis dunkelbrauner Färbung [1, 2]. Durch ihr insgesamt unauffälliges Erscheinungsbild und gattungscharakteristische Merkmale ist Culex pipiens leicht von den meisten anderen einheimischen Stechmückenarten zu unterscheiden [2]. Lediglich die nahe verwandte Art Culex torrentium stimmt in der Schuppentracht mit Culex pipiens völlig überein [2], sodass diese beiden Arten nur anhand der männlichen Fortpflanzungsorgane unterschieden werden können [3, 4].

Besondere Merkmale:

  • Der Stechrüssel ist zur Spitze hin dunkelbraun und zum Kopf hin hellbraun beschuppt [2] und besitzt an der Unterseite eine cremefarbene Färbung [1].
  • Die Taster (Palpen) tragen dunkelbraune Schuppen [2].
  • Die Antennen sind insgesamt dunkel, nur mit wenigen kleinen weißen Schuppen versehen [1].
  • Der Rücken des Vorderkörpers (Mesonotum) ist mit feinen goldbraunen Schuppen besetzt, welche kein Streifenmuster bilden und nach hin heller werden [2, 4].
  • Die Flügel sind an den Adern dunkel beschuppt [3].
  • Der Hinterleib (Abdomen) ist dunkel beschuppt mit weißen bis gelblichen Bändern an den Basen der Segmente [1, 3]. Die dunklen Bereiche des Hinterleibes weisen dabei oft einen grünlichen Schimmer auf [2].
  • Die Beine sind gleichmäßig dunkelbraun beschuppt, die Unterseite der Oberschenkel (Femur) ist hell [2].

 

Larve

Die Larven von Culex pipiens haben einen breiten Kopf mit kurzen Antennen [1]. Die Fühler sind dabei etwas kürzer als der Kopf und zur Spitze hin verschmälert [2]. Das Atemrohr (Siphon) ist schlank, leicht gebogen und verjüngt sich gleichmäßig [1, 2]. Der Zahnkamm (Pekten) auf dem Atemrohr endet weit vor dem ersten Haarbusch und besteht aus sehr schlanken, locker stehenden Einzelzähnen [2]. Die Larven von Culex pipiens sind von den Larven der Stechmückenart Culex torrentium nur sehr schwer zu unterscheiden [1].

Lebensweise

Die Individuen der Stechmückenart Culex pipiens werden aufgrund unterschiedlicher ökologischer Spezialisierungen und Lebensweisen in die beiden Biotypen Culex pipiens pipiens und Culex pipiens molestus unterteilt, welche sich jedoch anhand äußerlicher Merkmale nicht unterscheiden lassen [1].

Der Biotyp Culex pipiens pipiens kommt vor allem in oberirdischen, naturnahen Lebensräumen vor. Als Brutstätten bevorzugt Culex pipiens pipiens stehende oder langsam fließende Gewässer wie Teiche, Flussränder, Reisfelder oder auch größere Pfützen mit Vegetation. In städtischen Gebieten nutzt sie Regenwassertanks, offene Abwasserkanäle oder temporäre Wasserstellen. Dieser Biotyp ist stärker an natürliche Umgebungen angepasst und tritt häufiger in ländlichen oder suburbanen Regionen auf [5, 6].

Die Weibchen des Biotyps Culex pipiens pipiens legen eine Winterruhe (Diapause) ein, die durch kürzer werdende Tageslängen und sinkende Temperaturen ausgelöst wird. Während der Diapause verlangsamt sich der Stoffwechsel, und begattete Weibchen überwintern in geschützten Bereichen, bis die Temperaturen im Frühjahr wieder steigen [7, 8, 9, 10].

Culex pipiens pipiens paart sich in offenen Räumen (eurygam). Die Männchen bilden zur Paarung Schwärme, die meist in der Dämmerung über offenen Wasserstellen oder Vegetationsflächen schweben. Weibchen fliegen aktiv in diese Schwärme, um sich zu paaren [6]. Um ihre ersten Eier zu produzieren, benötigen die frischgeschlüpften Weibchen des Biotyps Culex pipiens pipiens eine Blutmahlzeit (anautogen) [6, 12].

Der Biotyp Culex pipiens molestus ist an urbane Lebensräume gebunden und bewohnt hauptsächlich unterirdische, von Menschen geschaffene Strukturen wie Keller, U-Bahn-Schächte, Abwasserkanäle und Baugruben. Diese Lebensräume sind oft dunkel, feucht und geschützt vor extremen Witterungsbedingungen, wodurch dieser Ökotyp auch unter harten Umweltbedingungen überleben kann [6].

Culex pipiens molestus zeigt keine Diapause und ist das ganze Jahr über aktiv. Die Männchen benötigen keinen offenen Raum für die Schwarmbildung, sondern können sich in kleinen, dunklen Bereichen fortpflanzen [6, 8, 11]. Die Paarung von Culex pipiens molestus erfolgt in engen, geschlossenen Räumen wie Kellern oder Abwasserkanälen (stenogam).

Um ihre ersten Eier zu produzieren, benötigen die frischgeschlüpften Weibchen des Biotyps Culex pipiens molestus keine Blutmahlzeit (autogen). Dies ist eine Anpassung an unterirdische Lebensräume, in denen möglicherweise keine Wirte verfügbar sind. Allerdings sind die Gelege in diesem Fall kleiner. Nach der ersten Eiablage suchen auch Culex pipiens molestus-Weibchen aktiv nach Blutmahlzeiten, um weitere Gelege zu produzieren [6, 12].

Das stenogame Paarungsverhalten und die autogene Eiablage ermöglichen es diesem Biotyp, sich in wärmeren, unterirdischen Habitaten auch während des Winters fortzupflanzen, wodurch Culex pipiens molestus weniger abhängig von saisonalen Bedingungen ist [6, 7, 9]. Durch die Nutzung unterirdischer Brutstätten in konstant warmen städtischen Umgebungen weist der Biotyp Culex pipiens molestus eine große Nähe zum Menschen auf [5].

Verbreitung

Culex pipiens ist eine holarktische Stechmückenart, welche von den subtropischen bis kälteren Klimazonen der nördlichen Hemisphäre weit verbreitet ist [1]. Die Art ist in ganz Deutschland häufig anzutreffen [2].

Stechgewonheiten

Die unterschiedlichen ökologischen Spezialisierungen der beiden Biotypen der Stechmückenart Culex pipiens treten auch bei den jeweiligen Stechgewohnheiten auf.

Der Biotyp Culex pipiens pipiens bevorzugt Vögel als Blutwirte (ornithophil) und sticht nur gelegentlich Säugetiere [1]. Hingegen bevorzugt der Biotyp Culex pipiens molestus Säugetiere als Blutwirte und sticht besonders gerne den Menschen (anthropophil), hauptsächlich innerhalb von Gebäuden [16].

Rolle als Krankheitsüberträger

Aufgrund der Spezialisierung der beiden Biotypen von Culex pipiens auf verschiedene Blutwirte, haben diese unterschiedliche Bedeutungen als Krankheitsüberträger.

Der Vögel als Blutwirte bevorzugende Biotyp Culex pipiens pipiens ist ein wichtiger Vektor für Krankheiten welche in Vogelpopulationen zirkulieren, wie etwa das West-Nil-Virus. Die Spezialisierung auf Säugetiere, und vor allem auf den Menschen, macht den Biotyp Culex pipiens molestus zu einem bedeutenden Überträger von humanmedizinisch relevanten Erregern, insbesondere in städtischen Gebieten [6, 7, 13, 14].
Besonders in wärmeren Klimazonen, wo die Grenzen zwischen ihren Lebensräumen verschwimmen, tritt eine Hybridisierung (Kreuzung) der beiden Biotypen von Culex pipiens auf. Diese Hybride können als Brückenvektoren Krankheitserreger wie das West-Nil-Virus leichter auf den Menschen übertragen, da sie sowohl Vögel als auch den Menschen stechen [6, 13].

Der experimentelle Nachweis einer Pathogen-Übertragung durch Culex pipiens konnten schon für das Japanische Enzephalitis‐Virus, das Sindbis‐Virus, das St. Louis Enzephalitis‐Virus, das Tahyna‐Virus, das Westliche Equine Enzephalitis‐Virus, das West Nil-Virus und das Rifttal‐Fieber‐Virus erbracht werden [17]. Bis auf das letztgenannte Virus konnten alle auch schon aus Freilandfängen der Stechmückenart isoliert werden [17]. Ein solcher Pathogen-Nachweis in Wildfängen von Culex pipiens konnte ebenfalls für das Usutu-Virus, das Batai‐Virus und das Bakterium Francisella tularensis erbracht werden [17]. Letztes ist der Erreger der als Hasenpest bezeichneten Tularämie, welche auch auf den Menschen übertragen werden kann [18].


Literaturverzeichnis

  1. Becker, N. et al. (2010). Mosquitoes and their control. Berlin, Dordrecht, New York: Springer-Verlag.

  2. Mohrig W.  (1969). Die Culiciden Deutschlands. Untersuchungen zur Taxonomie, Biologie und Ökologie der einheimischen Stechmücken, Parasitologische Schriftenreihe 18. Gustav Fischer Verlag, Jena.

  3. Harbach, R. (2012). Culex pipiens: Species Versus Species Complex – Taxonomic History and Perspective. Journal of the American Mosquito Control Association. 28: p. 10-23.

  4. Sirivanakarn, S. and G.B. White (1978). Neotype designation of Culex quinquefasciatus Say (Diptera: Culicidae). Proceedings of the Entomological Society of Washington, 1978. 80: p. 360-372.

  5. Harbach, R.E. (2011). Classification within the cosmopolitan genus Culex (Diptera: Culicidae): the foundation for molecular systematics and phylogenetic research. Acta Trop. 120(1-2): p. 1-14.

  6. Haba, Y. and L. McBride (2022). Origin and status of Culex pipiens mosquito ecotypes. Current Biology, 2022. 32(5): p. R237-R246.

  7. Faraji, A. and R. Gaugler (2015). Experimental host preference of diapause and non-diapause induced Culex pipiens pipiens (Diptera: Culicidae). Parasites & Vectors, 2015. 8: p. 1-7.

  8. Ioannou, C., et al. (2024) Winter Survival of Culex pipiens f. pipiens Adults in Central Greece. 2024.

  9. Field, E., et al. (2022). Semi-field and surveillance data define the natural diapause timeline for Culex pipiens across the United States. Communications Biology, 2022. 5.

  10. Roubaud, E. (1929). Autogenous Cycle of Winter Generations of Culex pipiens L. Compte Rendu de l’Academie des Sciences. 188(10): p. 735–738 pp.

  11. Tate, P. and M. Vincent (1936). The Biology of Autogenous and Anautogenous Races of Culex pipiens L. (Diptera: Culicidae). Parasitology. 28: p. 115 – 145.

  12. Blom, R., et al. (2024). Blood-feeding patterns of Culex pipiens biotype pipiens and pipiens/molestus hybrids in relation to avian community composition in urban habitats. Parasites & Vectors. 17.

  13. Farajollahi, A., et al. (2011). “Bird biting” mosquitoes and human disease: A review of the role of Culex pipiens complex mosquitoes in epidemiology. Infection, Genetics and Evolution, 2011. 11(7): p. 1577-1585.

  14. Gomes, B., et al. (2013). Feeding patterns of molestus and pipiens forms of Culex pipiens (Diptera: Culicidae) in a region of high hybridization. Parasites & Vectors. 6(1): p. 93.

  15. Wehmeyer, M., et al. (2024). Host attraction and host feeding patterns indicate generalist feeding of Culex pipiens s.s. and Cx. torrentium. Parasites & Vectors. 17.

  16. Wilkerson, R. C., Linton, Y., Strickman, D. (2021). Mosquitoes of the World. USA: Johns Hopkins University Press.

  17. Kampen H. & Walther D. (2018). Vector potential of mosquito species (Diptera: Culicidae) occurring in Central Europe. Parasitology Research Monographs 10, 41‐68.

  18. Kohlmann R., Geis G., Gatermann S.G. (2014). Die Tularämie in Deutschland. Dtsch med Wochenschr.139(27):1417-1422.