Laborarbeit

In Deutschland wurden bislang rund 52 Stechmückenarten nachgewiesen. Zur Bestimmung dieser Stechmücken wird meist eine morphologische Bestimmung anhand besonderer optischer Merkmale durchgeführt. Ist das nicht möglich kommen molekularbiologische Methoden zum Einsatz um die Art identifizieren zu können.

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Viele Stechmückenarten in Deutschland lassen sich (mit etwas Übung, der entsprechenden Bestimmungsliteratur, unter Zuhilfenahme einer Lupe, eines Binokulars oder mit dem bloßen Auge) zumindest in einigen ihrer Lebensstadien bis auf die Art genau bestimmen. Hierfür werden unter anderem die Anordnung und Färbung von Körperschuppen sowie der -Borsten herangezogen. Diese können allerdings im Laufe der Lebenszeit einer Stechmücke beschädigt werden, sodass eine Bestimmung anhand der körperlichen Merkmale nur noch schwer oder gar nicht mehr durchgeführt werden kann.

Ebenfalls schwierig kann sich die morphologische Bestimmung sogenannter Geschwister- oder Komplexarten gestalten. Obwohl es sich um unterschiedliche Arten handelt, ist bei diesen die Unterscheidung über körperliche Merkmale nicht in allen Lebensstadien möglich. Bei manchen Artkomplexen kann man die männlichen Stechmücken unterscheiden, nicht aber die weiblichen; bei anderen wiederum können die Larven, nicht aber die adulten Weibchen unterschieden werden.

Manchmal kann man sich behelfen, indem die Individuen zur Artbestimmung bis zum für die Bestimmung geeigneten Lebensstadium hochgezogen werden – das funktioniert aber nicht immer. In Fällen, in denen eine morphologische Bestimmung nicht eindeutig oder nicht (mehr) möglich ist, wird auf molekularbiologische Methoden zurückgegriffen.

War dies früher die Enzymelektrophorese, ist der aktuelle Standard in unserem Labor die Polymerase-Kettenreaktion (engl. polymerase chain reaction, PCR). Dabei wird ein – im Vorfeld festgelegtes – DNA-Fragment so oft vervielfältigt, bis es in einer solchen Kopienzahl vorliegt, dass es mit geeigneten Mitteln sichtbar gemacht werden kann. Entsprechend der Zielsetzung kann man dabei das PCR-Protokoll so gestalten, dass mit der PCR eine oder mehrere Arten gleichzeitig eindeutig bestimmt werden können.

Hat man überhaupt keine Vorstellung davon, um welche (Stechmücken-)Art es sich bei einer Probe handeln könnte, gibt es die Möglichkeit, eine sogenannte „Barcoding“ PCR in Kombination mit einer anschließenden DNA-Sequenzierung zu verwenden. Beim Barcoding wird die Tatsache ausgenutzt, dass einige Genabschnitte – ähnlich einem Strichcode auf einer Produktverpackung – eindeutig einer Art zugeordnet werden können. Der bei der Sequenzierung herausgelesene DNA-Abschnitt wird dann mit DNA-Sequenzen abgeglichen, die in öffentlichen Datenbanken hinterlegt sind.

Bis auf die Sequenzierung werden alle vor- und nachbereitenden Schritte in unserem Labor routinemäßig durchgeführt. Je nach Fragestellung verwenden wir dabei bereits veröffentlichte PCR-Protokolle oder entwerfen eigene, auf unsere Untersuchungsfelder bezogene PCRs.

Einem Artkomplex angehörige Individuen lassen sich morphologisch nicht eindeutig bis auf das Artniveau bestimmen, wie z. B. die adulten Weibchen folgender Komplexe:

  • Anopheles maculipennis-Komplex (für uns relevant sind insbesondere die Arten An. maculipennis s.s., An. messeae, An. daciae),
  • Anopheles claviger-Komplex (An. claviger s.s., An. petragnani),
  • Culex pipiens-Komplex (Cx. pipiens biotyp pipiens und Cx. pipiens biotyp molestus), damit auch verbunden die Abgrenzung zur Art Cx. torrentium).

Während bei der Bestimmung der Arten der beiden Anopheles-Komplexe eine Inventarisierung der (potenziell) im Einsatzgebiet der KABS vorhandenen Stechmückenarten im Vordergrund steht, kann die Artbestimmung auch einen gesundheitlichen Aspekt haben. Dies ist zum Beispiel bei der Unterscheidung der Biotypen des Cx. pipiens-Komplexes sowie der Art Cx. torrentium der Fall. Denn während der Biotyp Cx. pipiens pipiens und die Art Cx. torrentium hauptsächlich ornithophil sind, also vorwiegend Vögel stechen, ist der Biotyp Cx. pipiens molestus anthropophil und auf Menschen sowie andere Säuger spezialisiert. Bliebe es bei dieser sauberen Trennung, wäre alles in Ordnung, allerdings sind die beiden Biotypen in der Lage, sich zu verpaaren und die Hybride wiederum stechen sowohl Menschen als auch Vögel und stehen damit im Verdacht, an der Übertragung des West-Nil-Viruses (WNV) beteiligt zu sein.

Mit den zur Verfügung stehenden PCR-Protokollen ist die KABS in der Lage, potentielle Gefährdungsbereiche für WNV innerhalb weniger Stunden zu bestätigen oder auszuschließen.

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) spielt seit ihrem Erstnachweis in Deutschland von Jahr zu Jahr eine immer größere Rolle , aber auch die beiden anderen exotischen Arten Aedes koreicus und vor allem Aedes j. japonicus, breiten sich immer weiter aus.

Im Rahmen des KABS-Programms zum Tigermückenmonitoring werden zahlreiche Stechmückeneier mit Hilfe von Eiablagefallen gesammelt. Dabei legen allerdings nicht nur Ae. albopictus-Weibchen ihre Eier in diesen Fallen ab, sondern auch Ae. koreicus, Ae. japonicus sowie die einheimische Art Aedes geniculatus. Unsere Spezialisten sind grundsätzlich in der Lage, die Eier dieser Arten unter dem Binokular zu bestimmen. Sind die Eier aber in einem schlechten Zustand, ist die Identifizierung nicht mehr eindeutig möglich. Für diesen Fall hat die KABS eine PCR entwickelt, mit deren Hilfe die Bestimmung aller vier Arten in einem Ansatz und innerhalb weniger Stunden möglich ist.

Barcoding-PCRs kommen bei bei der KABS zum Einsatz, wenn über artspezifische PCRs keine eindeutige Bestimmung möglich ist oder wenn es darum geht, eine (morphologisch) vorbestimmte Art mittels DNA-Sequenz zu bestätigen, wobei die Sequenzierung von einem kommerziellen Anbieter übernommen wird.

In den öffentlich zugänglichen Datenbanken sind – gerade von „unspektakulären“ und dadurch wenig untersuchten Stechmückenarten – oftmals nur wenige oder keine Referenzsequenzen hinterlegt. Daher werden bei uns auch Barcoding-PCRs morphologisch eindeutig identifizierter Arten durchgeführt, um die Datenbanken durch die neu generierten Sequenzen zu vervollständigen.