Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage e.V.

 

 

 

 

 

 

              Biologische Stechmückenbekämpfung am Oberrhein

 
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Aktualisiert: 31.08.2016   

Vorgehen bei der Bekämpfung

 

Die klimatischen Verhältnisse eines jeden Jahres bestimmen den Zeitpunkt und den Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen. Nach der winterlichen Ruhepause erlangen im März/April zumindest ein Teil der Embryonen der Rheinschnakenarten ihre Schlüpffähigkeit wieder, so dass sie bei einem Hochwasser aus den Eiern schlüpfen können. Die Waldmückenlarven treten bereits im zeitigen Frühjahr nach der Schneeschmelze auf, während mit den ersten Larven der Hausmücken erst ab Ende April zu rechnen ist.

 

Rheinschnakenbekämpfung

 

Im Rahmen der Rheinschnakenbekämpfung ist es erforderlich, ständig die Wasserstandsentwicklung des Rheins und der ihm zufließenden Flüsse bzw. Bäche sowie die aktuellen klimatischen Bedingungen, wie Niederschlagsmenge und Temperaturgang zu beobachten. Überschreitet der Pegel im Zeitraum von April bis September die kritische Marke, bei der die Aedes-Eiablagehorizonte überschwemmt werden (Pegel Speyer: etwa 4,10 Meter), oder gehen heftige Regenfälle nieder, die zu lokalen Überschwemmungen führen können, werden ausgewählte Brutplätze auf frisch geschlüpfte Aedes-Larven untersucht.
An jeder Probestelle werden jeweils 10 Schöpfproben mit einem 350 ml fassenden, hellen Plastikbecher entnommen und die Anzahl der Larven sowie deren Larvenstadien und Gattungszugehörigkeit (ggf. unter Verwendung einer Lupe) erfasst. Über die Besatzdichte der einzelnen Probestellen wird Protokoll geführt.

 

Die Bekämpfung erfolgt erst, wenn die oben beschriebenen Schwellenwerte überschritten werden. Liegt die Besatzdichte über den Schwellenwerten so werden die zuständigen Behörden sowie die Bekämpfungsmannschaften (Bodenpersonal und Piloten) informiert, dass Maßnahmen entsprechend dem festgesetzten Konzept erforderlich sind.

 

Schoepfprobe Bei der Festsetzung der Dosierung des anzuwendenden Bekämpfungsmaterials müssen vor allem die unterschiedliche Empfindlichkeit der einzelnen Larvenstadien sowie die Unterschiede von Art zu Art berücksichtigt werden. So nimmt die Empfindlichkeit von Aedes vexans Larven pro Larvenstadium etwa um den Faktor zwei zu. Die Larven von Culex pipiens sind um den Faktor 3 weniger empfindlich als Aedes-Larven.
Gegen Erst- und Zweitlarven von Ae. vexans werden 250 g und gegen Dritt- und Viertlarven 500 g eines BTI-Puder Präparates mit einer Aktivität von 2.700 ITU/mg in jeweils 10 Liter gefiltertem Tümpelwasser suspendiert und mit einer Rückenspritze auf einem Hektar Wasserfläche appliziert. Bei Verwendung von Flüssigformulierungen (Aktivität: 1.200 ITU/mg) werden 1/2 bzw. 2 Liter in 9,5 bzw. 8 Liter gefiltertem Tümpelwasser auf einem Hektar Wasserfläche ausgebracht. Bezogen auf die aktive Wirksubstanz in International Toxic Units (ITU) beträgt die durchschnittliche Aufwandmenge etwa 2 x 109 ITU/ha.
Bei der Anwendung von Granulat mit dem Hubschrauber hat sich eine Dosis von durchschnittlich 15 kg Eisgranulat pro Hektar bewährt.


Einen Tag oder gelegentlich zwei Tage nach den Bekämpfungsmaßnahmen werden die Nachkontrollen mittels Schöpfproben vorgenommen. Entsprechend den gewählten Konzentrationen wird jeweils auf eine Mortalitätsrate von nahezu 100% abgezielt.
Die getroffenen Maßnahmen sowie Mittelverbrauch und Ergebnis der Behandlung werden in speziellen Formblättern zur späteren Auswertung eingetragen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass zwei Personen zu Fuß etwa eine Stunde für die Behandlung eines Hektars Überschwemmungsfläche benötigen. Dies hängt jedoch von der Begehbarkeit eines Geländes ab. Aus Sicherheitsgründen und zur besseren Applikation arbeiten mindestens zwei Personen in einer Gruppe zusammen.

 

Kommt der Hubschrauber zum Einsatz, wird das BTI-Eis-Granulat vor dem Einsatz von den Kühlhäusern der Firma ICYBAC GmbH mit speziellen gekühlten LKWs zu den jeweiligen Hubschrauberlandeplatz (etwa 70 entlang der Rheinschiene von etwa 320 Kilometern) transportiert. Die Pilot werden per WebGIS über die Lage und Fläche des Brutareals informiert. Die Geometrien für die Helikopterapplikation und der Materialverbauch werden im WebGIS Programm digital erfasst. Die Einsätze mit dem Hubschrauber müssen insbesondere bei extremen Hochwässern von der Wasserseite aus erfolgen, um panische Fluchtreaktionen des sich häufig auf Geländeinseln zurückziehenden Wildes zu vermeiden.

 

Massnahmenflaechen

 



Bekämpfungs- und Kontrollmaßnahmen werden nach Überschreitung des mittleren Wasserstands der Dauergewässer, oder nach Pegelanstiegen während der Stechmückensaison vom wissenschaftlichen Direktor und den Regionalleitern veranlasst. Nahezu jeder Pegelanstieg oberhalb des Mittelwassers bringt neue Population an Stechmückenlarven hervor.
Das Zeitfenster für die Bekämpfung einer Population reduziert sich mit steigenden Temperaturen von etwa zwei bis drei Wochen im März bis auf ca. sechs Tage bei hochsommerlichen Verhältnissen.

 

Auszuführende Arbeiten im Rahmen von Bekämpfungsmaßnahmen in allen Betreuungsgebieten:

  • Feststellung des Schlupfverhaltens in repräsentativen Probenahmestellen durch Schöpfproben
  • Erfassung und Abgrenzung der jeweiligen Überflutungsbereiche im Bereich der betroffenen Brutstätten
  • Festlegung der Maßnahmenflächen und der Bekämpfungsstrategie nach den Vorgaben der Brutstättenkartierung und  für die jeweiligen Gebiete
  • Digitalisierung und Beauftragung der Helikopterbekämpfung
  • Durchführung der festgelegten Maßnahmen
  • Erfolgskontrollen (Schöpfproben)
  • Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen in Form von Tagesprotokollen und kartographischer Darstellung der behandelten Flächen

Der meist sehr begrenzte Zeitrahmen stellt besondere Anforderungen an Logistik und Kommunikation. Um diesem gerecht zu werden steht allen Beteiligten eine Intranet Anwendung (WebGIS) mit umfangreichen Funktionen zur Verfügung. Neben der Erstellung und Abwicklung der Helikopteraufträge sind auch hier alle erforderlichen und verfügbaren Hintergrundinformationen sowie Werkzeuge zur Dokumentation und Archivierung der Bekämpfungsmaßnahmen nutzerspezifisch vorhanden.

Zielgenaue und regelkonforme Durchführung der Helikopterbekämpfung erfolgt auf der Basis digitaler Vorlagen der beauftragenden Gebietsbetreuer. Zur Erstellung dieser Vorlagen stehen GPS und mobile GIS Anwendungen für die Feldarbeit sowie in die WebGIS-Anwendung zur Verfügung. Besonders hilfreich sind in diesem Kontext die hochaufgelösten digitalen Höhendaten zu erwähnen, diese liegen momentan mit ca. 80% Gebietsabdeckung vor.

 

 

Applikationsvorlage



Bei der Rheinschnakenbekämpfung müssen regelmäßig etwa 60.000 Hektare Brutareal kontrolliert werden. Durchschnittlich müssen davon etwa 10-20% behandelt werden. Die Bekämpfungsfläche ist jedoch vorwiegend von der Hochwasserlage abhängig und kann sehr stark schwanken. Alle Aktionen, insbesondere die Hubschraubereinsätze, werden von dem wissenschaftlichen Direktor und seinem Stellvertreter in enger Abstimmung mit den Gebietsbetreuern und Gemeindebediensteten geleitet und koordiniert.

 

 

Waldmückenbekämpfung

 

Die Bekämpfung der „Waldmückenarten“ (vor allem Ochlerotatus cantans, Oc. communis, Oc. punctor und Oc. rusticus) beginnt in der Regel Mitte März. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich die Stechmückenlarven noch weitgehend im Zweit- und Drittlarvenstadium, wodurch sie noch relativ empfindlich auf BTI reagieren. In Molchgewässern wird entweder nicht bekämpft oder erst dann, wenn die Stechmückenlarven kurz vor der Verpuppung stehen. Durch diese Vorgehensweise wird den Molchen genügend Zeit eingeräumt, um sich von Stechmückenlarven zu ernähren. Meist ist in Molchgewässern ohnehin keine Bekämpfung notwendig, da Molche nach den Fischen die besten Fressfeinde der Stechmückenlarven sind.
Die Waldmücken sind nur wenig wanderfreudig. Selten wandern sie mehr als einen Kilometer von ihren Brutgewässern ab. Dazu meiden sie meist die freie Landschaft und verlassen bei der Suche nach geeigneten Wirten nur ungern den Waldbereich. Die Bekämpfungsstrategie nimmt nun auf dieses Verhalten Bezug indem lediglich Pufferzonen von etwa 1,5 Kilometer um Siedlungs- oder Naherholungsbereiche bekämpft werden. Dies ist bereits ausreichend, um eine starke Belästigung in den Siedlungsgebieten zu vermeiden.
Beträgt die Wassertemperatur weniger als 8°C, wird mit der Bekämpfung ausgesetzt, da aufgrund der reduzierten Nahrungsaufnahme signifikant höhere Aufwandmengen notwendig wären, um ausreichende Mortalitätsraten zu erhalten.
Im Rahmen der Waldmückenbekämpfung werden jährlich etwa 20.000 Hektar Fläche kontrolliert, wobei jedoch nur etwa 1.000 Hektare bekämpft werden müssen.

Insgesamt sind jährlich etwa 300 saisonale Mitarbeiter im Rahmen der Überschwemmungsmücken-Bekämpfung tätig, die die Gebietsbetreuer und Schnakenobleute bei ihrer Tätigkeit unterstützen. Bei einem Kostenaufwand von insgesamt etwa 3,5 Millionen Euro pro Jahr werden etwa 2,7 Millionen Menschen im Einzugsgebiet der KABS vor einer Stechmückenplage geschützt. Dies ergibt durchschnittliche Kosten von etwa 1,30 Euro pro Person und Jahr. Die integrierte mikrobiologische Bekämpfung ist somit nicht nur äußerst umweltverträglich, sondern sie gewährleistet vor allem eine hohe Effektivität und ist zudem noch sehr kostengünstig bei sorgfältiger Wahl der Bekämpfungsstrategie.

 

 

Bekämpfung der in Containern brütenden Stechmücken

 

Auch die Bekämpfung der in Container brütenden Stechmücken (z.B. der Hausmücke Culex pipiens oder seit einigen Jahren der Japanischen Buschmücke Oc. japonicus und der Asiatischen Tigermücke Aedes albopictus) setzt an den Brutplätzen an.
Die Bekämpfung der Hausmücken stützt sich im Wesentlichen auf eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Dabei wird die Bevölkerung über die Entwicklung und Lebensweise dieser Mücken (z.B. über Flyer, Webseiten und andere Medien) sowie über Selbsthilfemaßnahmen zur Reduzierung der Stechmückenbrut im eigenen Wohnbereich informiert. Dadurch fällt die Bekämpfung dieser Mücken vorwiegend in den Zuständigkeitsbereich jedes einzelnen Hausbewohners. Dieser hat auf seinem Anwesen dafür Sorge zu tragen, dass sich keine Mücken entwickeln können.
Aufgrund der geringen Wanderfreudigkeit dieser Mücken - sie wandern nur wenige hundert Meter - sind nur die Brutgewässer in unmittelbarer Nähe menschlicher Siedlungen von Bedeutung. Es werden daher nur die Brutstätten in sowie in den peripheren Bereichen der Siedlungen von etwa 500 Metern berücksichtigt.

Folgende Bekämpfungsmaßnahmen werden von der KABS bezüglich der Hausschnakenbekämpfung empfohlen:

 

  • Beseitigung aller unnötigen Wasserbehälter, wie z. B. Altreifen, in denen in der Regel etwas Wasser steht oder wassergefüllte Eimer. Eimer und Gießkannen mit der Öffnung nach unten oder unter dem Dach aufstellen, damit sich kein Regenwasser ansammeln kann. Regenfässer dienen der Wasserrückhaltung und sollten nicht beseitigt werden.
  • Abdecken der Brutgewässer (z. B. der Regenfässer), so dass die Stechmückenweibchen die Eischiffchen nicht mehr auf der Wasseroberfläche ablegen können;
  • Regelmäßig die Regenfässer restlos leergießen und ggf. reinigen, damit die Brut auf das Trockene fällt (mindestens alle 10 Tage leergießen) oder die Aedes albopictus Eier beseitigt werden (siehe auch Flyer der KABS).

Können die obengenannten Maßnahmen beim Auftreten von in Containern brütenden Mücken nicht vorgenommen werden, dann empfiehlt sich eine Bekämpfung mit Culinex-Tabletten auf der Basis von BTI. Die Tabletten werden in den Wasserkörper (z. B. Regentonnen) gegeben. Sie lösen sich als Sprudeltabletten selbstständig auf. Aufgrund der selektiven Wirkung töten die Tabletten nur Mückenlarven ab, während alle anderen Tiere und Pflanzen unbeschadet bleiben. Eine Tablette reicht aus, um eine Brutstätte mit 50 Liter Wasser zu behandeln. Bei größeren oder stark verschmutzten Wasserkörpern müssen entsprechend mehr Tabletten angewendet werden. Bei richtiger Dosierung hält die Wirkung mehrere Wochen an. Das Wasser kann nach Behandlung unbedenklich als Gießwasser verwendet werden. In den zurückliegenden Jahren wurden mehrere Millionen Culinex-Tabletten im KABS-Gebiet und darüber hinaus erfolgreich angewendet. Die integrierte Bekämpfung der in Containern brütenden Mücken unter Verwendung der Tabletten-Formulierung im Rahmen von Selbsthilfemaßnahmen ermöglicht eine effektive und kostengünstige Bekämpfung der Hausmücken.

Gartenteiche werden nach und nach von den natürlichen Fressfeinden der Stechmückenbrut besiedelt. Sie sind daher üblicherweise keine Massenbrutstätten der Hausmücken. Neuangelegte Gartenteiche sollten allerdings regelmäßig auf Larvenbesatz überprüft werden.

 

 

Bti Applikationsarten


 

 
 

KABS e.V.  -  Biologische Stechmückenbekämpfung am Oberrhein